Rückflug - nichts geht ohne Exit-Game


Wir packen morgens halbwegs in Ruhe unsere Rucksäcke, was recht schnell geht, haben ja nicht mehr viel und es war ja schon alles drin, bevor wir hierher kamen. Es ist klar, es ist zu Ende, wir sind wehmütig und traurig und wir freuen uns auf Zuhause, es ist unabänderlich, nicht wirklich und in letzter Konsequenz - und doch. Die Entscheidung, jetzt nach Hause zu fliegen, haben wir an anderer Stelle zu einer anderen Zeit getroffen. 

Ein letztes Frühstück mit Rührei, Saft und frischen Früchten. Christian bringt uns zum kleinen Flughafen von San Cristobal und schießt das letzte Familienbild. Danach folgt im Grunde der normale Flugablauf mit Warten, Einchecken, Sicherheitskontrollen, Warten, Einsteigen, Warten usw. Es gilt, in den Super-Gelassenheitsmodus runterzuschalten, die Alles-Egal-Haltung einzunehmen, irgendwann werden auch diese 27 Stunden vorbei sein. Blöd ist, Liska ist total erkältet, die Nase zu, der erste Start geht trotzdem gut, zum Glück. Doch der Horror für beginnt im Sinkflug nach Guayaquil. Der Druckausgleich geht überhaupt nicht mehr, trotz Nasenspray. Liska hat wahnsinnige Schmerzen, die auch noch immer schlimmer werden. Die arme Maus. Und keine Chance, irgendwas zu machen. Sie kämpft mit allem, was sie kennt, um den Druckausgleich, doch der Druck im Kopf, in allen Stirn- und Nebenhöhlen wird immer schlimmer. Das letzte, was mir einfällt, ist eine Schmerztablette, doch auch die schafft es nicht so schnell, ihre Wirkung zu entfalten. Als wir endlich am Boden sind, ist Liska völlig fertig und will eigentlich nicht mehr weiter fliegen. Und wir müssen noch dreimal starten und landen. Ohje...

In Guayaquil verlassen wir gar nicht das Flugzeug, laden nur ein paar Leute aus und andere wieder ein. Liska möchte gerne noch zwei kleine Tüten Chips haben, um was kauen zu können. Eine gibt's noch und der Pilot schenkt ihr voller Mitleid sein letztes Kaugummi.

Der nächste Start geht ganz gut und zum Glück liegt Quito, wo wir als nächstes landen, so hoch, so dass die zweite Landung mit viel Nasenspray, noch wirkender Schmerztablette und 2800 Metern recht entspannt ist. 

In Quito haben wir drei Stunden Aufenthalt, haben Hunger und angesichts der Preise vergeht er uns. Für schlappe 50 Dollar essen wir Hamburger-Pommes-Niveau. Das Flugzeug von Quito nach Madrid ist echt ordentlich und Hans passt auch mal rein, was für den zehn Stunden Nachtflug ganz angenehm ist. Filme und Schlafen lassen die Flugzeit recht entspannt vergehen und mit weiterer Überdosis Nasenspray und weiterer Tablette ist für Liska auch die Landung in Madrid halbwegs erträglich.

In Madrid haben wir fünf Stunden Aufenthalt, worauf wir so überhaupt keine Lust hatten. Doch Lasse verkürzt sie uns mit einem neuen Exit-Spiel.

Sicherheitskontrolle in San Cristobal, Sicherheitskontrolle in Quito, alles bei allen gut - und bei der Sicherheitskontrolle in Madrid piepst erst Lasse und wird genauer gecheckt, anschließend finden sie in seinem Handgepäck- Rucksack seinen Leatherman. Oh nein, er ist selbst völlig geschockt, dachte, er hätte ihn in seinem großen Rucksack eingecheckt. Wir fragen, ob wir ihn noch einchecken können. Der Sicherheitsmensch ist total nett, ihm tut Lasse auch leid, nur machen kann er natürlich gar nichts. Und es gibt wirklich ein überzeugend sicheres Gefühl, wenn so ein dickes Taschenmesser erst bei der dritten Kontrolle auffällt...

 Wir kriegen die Erlaubnis, es noch einzuchecken, Hans nimmt das Messer, macht sich auf den Weg zum Check-in, während wir unmittelbar hinter der Sicherheitskontrolle warten. Per SMS teilt Hans mit, wo er wann ist und dass es schwierig sei, das Messer einzuchecken, weil es so klein ist, das gehe verloren. Die Idee ist, Lasses Handgepäck-Rucksack nun noch einzuchecken, aber der er ist natürlich bei uns, hinter der Sicherheitskontrolle. Hans und ich telefonieren, wie wir es am besten machen, und der arme Lasse hat Angst um sein Messer und ein unglaublich schlechtes Gewissen, dass wir nun dieses Exit-Game lösen müssen. Während wir telefonieren, suchen wir den Sicherheitsmann, der das Messer entdeckt hat, finden ihn, erklären ihm auf Spanisch, was das Problem ist und dass wir jetzt Hans den Rucksack von Lasse übergeben müssen, leider aber auch keine Bordkarten haben, da die geschickterweise alle vier bei Hans sind. Ohne Bordkarten darf schlicht nichts schief gehen. Wir können nicht einfach den Sicherheitsbereich verlassen. Der Mann ordert einen Kollegen, der etwas mehr Englisch spricht. Gemeinsam mit Hans am Telefon finden wir raus, wo Hans ist. Der Sicherheitsmann erklärt uns, wo wir hin müssen, entschließt sich dann aber, uns zu begleiten. Wir fahren mit dem Aufzug zwei Etagen hoch, stehen auf der Rückseite einer anderen Sicherheitskontrolle, auf deren Vorderseite Hans stehen müsste. Unser Mann spricht mit einem anderen, der wiederum Englisch kann und fragt, wo mein Mann sei. Ich rufe Hans wieder an und erreiche zu meiner großen Freude die Mailbox. Und auch beim zweiten Mal nur die Mailbox. Zum Glück sind die netten Sicherheitsmänner entspannter als ich. Doch dann ruft Hans zurück, wir beschreiben ihm, wo wir sind und er kommt zu dieser Sicherheitskontrolle, wir halten zusammen mit den beiden Männern Ausschau und sehen ihn kurze Zeit später winken. Der Englisch sprechende Mensch schnappt sich Lasses Rucksack und überbringt ihn, während wir warten und Daumen drücken. Etwas Sorge habe ich ja, ob sie uns ein weiteres Gepäckstück einchecken, unsere erlaubten und bezahlten vier waren ja bereits in San Cristobal aufgegeben. Doch kurze Zeit später gibt es Entwarnung. Hans ist wieder zurück, hat das Messer im Rucksack als Gepäckstück aufgeben dürfen, allerdings mit dem Hinweis, dass das eigentlich 60Euro koste, sie das aber mal umsonst machen würde.

Mit dieser kleinen Zusatzaufgabe haben wir die Wartezeit deutlich verkürzt. Das wirklich ärgerliche war, dass Hans angerufen hat, als ich Blog geschrieben habe und als wir aufgelegt hatten, mein ganzer Text weg war. Grummel, Ärger... mit neu schreiben und hochladen, etwas trinken und essen kriegen  wir die restliche Wartezeit dann auch noch rum. Richtig ätzend, dass bereits hier überall Deutsch gesprochen wird, völlig fremd so vertraut...

Auch der letzte Flug verläuft unproblematisch, der Start sowieso und für die Landung gibt's wieder eine große Dosis Nasenspray, Kaugummi, Schmerztablette und Liska kämpft beim sehr langen Landeanflug auf Düsseldorf tapfer und erfolgreich. Die Ohren sind zwar zu, aber für kurze Momente klappt der Druckausgleich und sie hat nahezu keine Schmerzen. Trotzdem sehr anstrengend und eigentlich will sie nur noch endlich ins lang ersehnte eigene Bett.