Und? - Wie isses so zu Hause?

Total blöd - Alltag, Schule, keine Zeit mehr miteinander, keine Zeit mehr füreinander, viel zu hohe Geschwindigkeit. Es macht keinen Spaß, Obst zu kaufen, besonders nicht, wenn es aus Südamerika kommt. Die Physalis aus Kolumbien, die Mango aus Peru - das sind keine bloßen Flecken auf der Landkarte mehr, das sind innere Bilder, ein Teil von uns, wie kann da eine solche Mango hier noch schmecken? Spanisch lernen macht keinen Spaß mehr. Vorher war es Vorfreude, unterwegs jede Kommunikation ein Abenteuer, mit Menschen verbunden, auch Worte und Wörter sind längst innere Bilder. Rund 8000 Fotos sortieren hält die Erinnerungen warm und wach. Doch gerade die Gefühle vom Anfang der Reise, als noch alles vor uns lag, die Zeit noch so endlos schien, sind nur schwer aushaltbar. Wo sind die Menschen, die Farben, die Freiheit, die Tiere, die kleinen Läden und Märkte, der Wind, das schöne Wetter? Diese gleichen Wörter gibt es auch hier - und doch ist alles anders.

Und zu Hause ist auch schön. Traumwetter, als wir wieder da waren, erste Schneeglöckchen, Krokusse, abends schon einigermaßen erträglich lange hell, Freunde, Familie, Katzen, Esel, eigenes Bett, alles Vertraute wieder da und noch da. Ein gutes Gefühl. Ein Platz, an dem wir zu Hause sind, den wir geschaffen haben und immer weiter schaffen.  Regenwetter, Sturm und Kälte. Der Kamin macht es so gemütlich, so sehr gewünscht auf 3000 Metern Höhe mit Durchfall draußen im Nieselregen. Vieles gekocht und gegessen, was wir unterwegs vermisst und uns zusammenphanatsiert haben. Hans Geburtstag gefeiert, am 24. Februar Weihnachten mit Tannengrün, roten Kerzen und Raclette mit Oma und Opa nachgefeiert, den Weihnachtsschmerz ein kleines bisschen gelindert, Oma Inges 86. Geburtstag gefeiert, den Zahn weiter reaprieren lassen. Vieles erledigt, was erledigt werden musste. Zwölf Bäume, zwölf  abgestorbene Fichten hat Hans in der ersten Woche nach unserer äußeren Rückkehr gefällt - ein riesiges Osterfeuer mit allen, die uns treu gefolgt sind. Wir freuen uns drauf! Mein Körper hat eine völlige Jahreszeitenverwirrung. Ich muss mir immer wieder über den Kopf klar machen, welcher Monat, welche Jahreszeit da draußen ist. Es passt nicht zu meinem Gefühl, es fehlt was.  Der Alltag hat was, macht auch Spaß ...

Doch reicht jetzt. Warum haben wir das Auto nicht einfach doch da gelassen? Die Frage stellt sich immer mehr. Die Frage gab es allerdings vor einem Jahr überhaupt nicht, war nicht denkbar, nie gestellt. Zu logisch, das Auto muss zurück. Und als wir dann keine Rückverschiffung mehr hatten, war der Stresspegel zu hoch, um einen solchen Gedanken ernsthaft zu entwickeln. Nun ist das Auto seit zwei Tagen in Hamburg, wir werden es nächste Woche dort abholen. Der Kreis schließt sich - und das tut weh.

Was machen wir in den Sommerferien? Im Herbst? Mit Auto und Dachzelt nach Spanien? Da stimmt wenigstens die Sprache. Oder über Genua nach Tunesien? Weit mehr Abenteuer. Endlich mal Marokko? Oder wir fahren einfach von hier aus in die Mongolei, die Road of Bones? Wir ziehen nach Frankreich, da ist home schooling möglich und wir wären frei, all das zu tun, was gerade nur in unserer Phantasie möglich erscheint. Viele beneiden uns um diese Erfahrung, wünschen sich, es auch zu tun. Oft habe ich geantwortet: Das einzige, was du brauchst, ist die Entscheidung. Es geht immer.

So ist es nun wohl auch für uns, wir bräuchten (nur) eine Entscheidung.